CDU Stadtverband Bad Rappenau

Stellungnahme der CDU Fraktion zur Krebsbachtalbahn

Die Verwaltung der Stadt Bad Rappenau hatte dem Gemeinderat bezüglich der Reaktivierung der Krebsbachtalbahn einen Kompromissvorschlag unterbreitet, über den dieser in seiner letzten Sitzung am 27.10.2022 abgestimmt hat.

Der Vorschlag lautete wie folgt:

  1. Die Betriebskosten für die Bahnstrecke werden wie angekündigt vom Land Baden-Württemberg zu 100 % übernommen.
  2. Die durch den Ausbau der Bahnstrecke ersparten Streckenkilometer im Busverkehr verbleiben in der Raumschaft und werden zur Verbesserung des Busverkehrs in den anderen Stadtteilen eingesetzt.
  3. Zu diesem Zwecke wird das Ladratsamt Heilbronn gebeten, die Busverkehre in der Verwaltungsgemeinschaft Bad Rappenau/Kirchardt/Siegelsbach nach dem Vorbild der umgesetzten Konzeption im Bottwartal neu zu ordnen und zu optimieren, wobei auch ein Augenmerk auf die Abendstunden und die Wochenenden gelegt werden soll.
  4. Die Verwaltung wird beauftragt, die Gespräche zur Realisierung der Bahnunterführung „Hinter dem Schloss“ auf der Grundlage der ursprünglichen Planungen mit den Kreuzungsbeteiligten (Bund, Land, Bahn) wieder aufzunehmen. Ziel ist dabei, im Rahmen des Ausbaus der Krebsbachtalbahn und der damit verbundenen Mehrverkehre auch zwingend die Bahnunterführung herzustellen.
Der Gemeinderat hat sich nach eingehender Beratung am 27.10.2022 nunmehr doch mehrheitlich für die Reaktivierung ausgesprochen, nachdem am 19.05.2022 das Votum noch gegen die Bahn ausfiel. Nachstehend finden Sie die Stellungnahme der CDU Fraktion, die sich sowohl auf den Verwaltungsvorschlag bezieht, aber auch auf den Antrag der Freien Wähler auf Vertagung der Beschlussfassung bis nach dem für Ende Januar 2023 angedachten Bürgerbegehren eingeht. 



Hierzu die Stellungnahme der CDU Fraktion zur Krebsbachtalbahn:

Vorweg zur Erklärung: Die Stellungnahme der CDU Fraktion bezieht sich auf den gesamten Tagesordnungspunkt und begründet einerseits das Abstimmungsverhalten zum Antrag der FW auf Vertagung, und ggf.  zum Sachantrag der FW auf eine Abstimmung zur Unterführung losgelöst von Bedingungen und zum Kompromissvorschlag der Verwaltung.

Die CDU Fraktion hat sich lange, ausführlich und intensiv mit dem Thema Krebsbachtalbahn beschäftigt. Wir sind im Gemeinderat wohl die einzige Fraktion, die sowohl aus Obergimpern als auch aus Babstadt einen Vertreter bzw. eine Vertreterin stellt. Und in der Tatsache, dass aus beiden Ortsteilen gegensätzliche Ansichten in die Öffentlichkeit getragen wurden, begründet sich die kontroverse Diskussion, die wir in der Fraktion geführt haben.

Aber blicken wir noch einmal zurück zu den Anfängen:

Was sollte ein gewissenhafter Gemeinderat tun, um eine Entscheidung zu einem Großprojekt wie dem Vorliegenden fällen zu können?

Aus Sicht der CDU Fraktion sollte er oder sie sich folgende Fragen stellen:
Frage 1: 
Welche Vorteile bringt das Projekt im Verhältnis zur bisher schon bestehenden Busverbindung zwischen Bad Rappenau und Waibstadt, wenn man davon ausgeht, dass der bisherige Stundentakt bleibt und eine direkte schnellere Routenführung und die bessere Verbindung in den Randzeiten morgens und abends sowie an Wochenenden auch mit dem Bus dargestellt werden kann. Dann bleibt unterm Strich nur der Vorteil, dass HN und Meckesheim ohne Umstieg, also bequemer erreicht werden können.

Frage 2: 
Welche Nachteile bringt das Projekt? Abgesehen vom erheblichen Flächenverbrauch und Wegfall guter Ackerflächen entsteht ein immenser Einschnitt in die Landschaft, zudem ergeben sich in Bad Rappenau und Obergimpern Einschränkungen im Verkehrsfluss durch die Schließzeiten an den Bahnübergängen.

Frage 3:
 
Was wurde im vorliegenden Gutachten für die Krebsbachtalbahn untersucht konkret untersucht? Es wurde der Ist-Zustand mit dem Soll-Zustand verglichen, d.h. der Busverkehr mit ca. 5 km Umweg über Siegelsbach mit der Direktverbindung Zug. Das Gutachten ist die standardisierte Vorgabe für den Kosten-Nutzenvergleich. Es hatte die Aufgabe, verschiedene Linienführungen und Bahntrassen zu untersuchen, es hat nicht die Aufgabe, Alternativen zur Schiene zu prüfen.

Frage 4: 
Gibt es Alternativen, um ein besseres ÖPNV-Angebot zu schaffen, und wurden diese Alternativen geprüft? Der Vergleich einer direkten Busverbindung, genauer der Vergleich zwischen ca. 6 km Bahnstrecke und ca. 6 km Busstrecke von Obergimpern nach Bad Rappenau wurde eben gerade nicht geprüft, genauso wenig hat man sich im Gutachten mit alternativen ökologischen Antriebskonzepten für den Busverkehr auseinandergesetzt.

Frage 5:
Wie groß ist der Nutzen für Klima und Umwelt? Es wird noch sehr viele Jahre dauern bis die Bahn in Betrieb gehen kann. Bis dahin wird man für den Bau so viele Mengen an CO2 produzieren, dass es sehr viele Jahre dauern wird, diese Umweltbelastung durch die CO2-Einsparung durch den Betrieb der Bahn zu neutralisieren. Stattdessen könnte man mehr oder weniger sofort auf Brennstoffzellen-Busse (wie beispielsweise in Wuppertal und Münster) umsteigen, und damit auf der Stelle Treibhausgase einsparen.

Frage 6: 
Stehen die Kosten für das Projekt im Verhältnis zu dessen Nutzen? Die Gesamtinvestitionskosten für das Projekt i.H.v. 60 Mio € (wir rechnen tatsächlich mit weitaus mehr Kosten), die die Steuerzahler/innen zu tragen haben, und die als Schulden von der nächsten Generation zu schultern sind, dürften keinesfalls im Verhältnis dazu stehen, dass durch die Reaktivierung der Bahn schätzungsweise rund 6000 bis 7000 Einwohner neu an die Schiene angebunden werden können und diese auch tatsächlich regelmäßig nutzen.

Dies waren zusammengefasst nur die wichtigsten Fragen und Antworten, die uns als CDU Fraktion von Anfang beschäftigt haben, und die uns bei der ersten Entscheidung zu einem sachlichen „Nein“ bewogen haben.

Wir haben uns als CDU Fraktion Gemeinderat mit all diese Fragen befasst, in den Monate nach der Entscheidung vom gesamten Umfeld - überspitzt zusammengefasst - nur die folgenden zwei Antworten erhalten:

 
1. Nämlich zum einen, dass die Menschen einfach lieber Bahn als Bus fahren.

2. Und zum anderen, und dass ist die zweite Antwort auf all unsere Fragen, dass dies schlichtweg eine politische Entscheidung ist!


Eine politische Entscheidung, die sich manifestiert
  • durch die Gestaltung der Förderkonzepte von Bund und Land (es gibt eben im Moment attraktive Fördermöglichkeiten nur für die Schiene und weniger für Busse),
  • durch die Vergabekriterien für die Förderprojekte, 
  • durch die Aussage, möglichst viel Verkehr auf die Schiene zu verlagern (obwohl wir der Meinung sind, dass man besser als Ziel formulieren sollte, dass man möglichst viel Individualverkehr/Berufsverkehr in den ÖPNV verlagern sollte),
  • durch die gefassten Beschlüsse der anderen Gremien, die zur Krebsbachtalbahn entschieden haben
Wenn man nach den ganzen Debatten, Telefonaten und Gesprächen die Erkenntnis erlangt, dass man
  • diese zwei Antworten nicht mit sachlichen Argumenten entkräften kann,
  • für die Verbesserung des ÖPNV alle Beteiligten an einem Strang ziehen müssen,
  • als GR oder als Stadt alleine keine neue Buslinie oder gar ein neues Verkehrskonzept umsetzten kann, schon mangels Zuständigkeit, die hierfür beim Landkreis liegt, dann kann man sich überlegen, ob es sinnvoll ist, weiter auf der eigenen sachlichen Entscheidung zu beharren, oder man schaut nach vorne und prüft, ob sich durch die Krebsbachtalbahn andere Vorteile für die Stadt erreichen lassen.

Ganz ohne Umschweife muss man zugeben, dass die Verdoppelung der Schließzeiten am Bahnübergang „Hinter dem Schloss“, die sich durch die Aktivierung und den Streckenneubau der Krebsbachtalbahn ergeben würde, die Chancen für eine Unterführung aufgrund der geltenden Rechtslage und Novellierung des Eisenbahnkreuzungsgesetztes deutlich erhöhen würden.

Die Bahnunterführung wiederum ist ein Herzensprojekt der CDU, das immer wieder in öffentlicher und nicht öffentlicher Sitzung von uns gefordert.

Nicht nur, dass eine schrankenfreie Anfahrt für unsere Feuerwehr und den Rettungsdienst elementar lebenswichtig ist, auch der tägliche Verkehr zu Stoßzeiten, aber vor allem auch der Verkehr zu den Einkaufsmöglichkeiten, führt bereits jetzt zu Staus und stehendem Verkehr und zur Belastung der Anwohner.

Für uns als CDU ist die Unterführung eines der zentralen Verkehrsprojekte, das für die Weiterentwicklung der Stadt dringend angegangen werden sollte. Und, da sind wir uns alle in der Fraktion einig: wir sollten die Gelegenheit beim Schopfe packen, insbesondere weil durch das neue Eisenbahnkreuzungsgesetz die Stadt keine Baukosten zu tragen hätte, sofern sie die Notwendigkeit begründen kann.

Inhaltlich ist dies seit längerer Zeit bekannt (nicht erst seit der Publizierung durch den Landtagsabgeordneten Köhler) und wurde auch intern angesprochen. Bisher sah man jedoch keine Möglichkeit, einen Antrag erfolgsversprechend begründen zu können.

Wir teilen insofern mehrheitlich die Einschätzung der Verwaltung, dass ohne weitere Schließzeiten der Anspruch auf eine (geförderte) Unterführung nur schwer begründbar ist.

Es ist kein Geheimnis, dass der Gemeinderat vor Jahren sehr kontrovers über die Unterführung debattiert hat und sich über Nutzen und Vor-und Nachteile keineswegs einig war.

Wie auch bei der Krebsbachtalbahn gibt es Für und Wider; die Ansichten im Rat gingen weit auseinander. Der Kostenfaktor war und ist jedoch ein wichtiger Entscheidungsgrund.

Unterm Strich betrachtet könnte Bad Rappenau im besten Fall eine neue Bahnverbindung nach Waibstadt und Meckesheim zusammen mit der Unterführung für rund 3 Millionen Euro Eigenanteil erhalten.

Mit den in Aussicht gestellten Buskilometern könnten dann zusätzlich Verbesserungen bei den Verbindungen über die Kreisgrenzen hinweg erreicht werden. Dies betrifft insbesondere die Ortschaften Obergimpern, Heinsheim und Wollenberg, die an den Kreisgrenzen liegen und deren Anbindungen nach Untergimpern, Gundelsheim und Helmstadt-Bargen damit verbessert werden könnten.

Sachlich betrachtet ergeben sich also bei dem Kompromissvorschlag der Verwaltung viele Vorteile für die Stadt Bad Rappenau, und zwar verbunden mit einem „überschaubaren Kostenaufwand“ (überschaubar deshalb, weil durch den relativen geringen prozentualen Anteil an den Gesamtkosten die Preissteigerungen sich eben nur anteilig widerspiegeln), denen der Flächen- und Landschaftsverbrauch als Nachteil gegenübersteht. Über die Gewichtung dieser Vor-und Nachteile gibt es in unserer Fraktion keine Einigkeit.

Wenn man, wie Teile unserer Fraktion, zum Schluss kommt, dass die Vorteile dieses Kompromisses für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Bad Rappenau überwiegen und man diesem Kompromiss daher zustimmen kann, so kann der Antrag der FW auf Vertagung der Beschlussfassung nicht unterstützt werden, da dies eine Zeit des Stillstandes zur Folge hätte. Ein Stillstand, bei dem jede Menge Zeit, Arbeitseinsatz und Geld (nicht nur von der Verwaltung) aufgewendet werden muss, um danach ein Abstimmungsergebnis zu erhalten, das vielleicht doch nicht die erhoffte eindeutige Antwort bringt und jede Menge Interpretationsspielräume zulässt.

Wenn man also grundsätzlich dem Kompromiss zustimmen kann, dann gleich und ohne Umweg über die kostenträchtige Bürgerbefragung, die ohnehin nur ein Stimmungsbild zur Krebsbachtalbahn, aber nicht zur Unterführung bringen würde.

Die CDU Fraktion hat sich nach langem Abwägen mehrheitlich dafür entschieden, dem Kompromissvorschlag der Verwaltung zuzustimmen. Mit dem vorliegenden Vorschlag wird verknüpft, was sich aus unserer Sicht tatsächlich gegenseitig bedingt, außerdem könnte damit eine der langjährigen Kernforderungen der CDU umgesetzt werden: nämlich die Unterführung.

Allerdings knüpft die CDU Fraktion die Zustimmung an eine weitere Bedingung. Die bestehende Bahn-Verbindung nach Sinsheim darf durch den Streckenneubau und die Einbindung keinerlei Nachteile erfahren. Dies dürfte allgemeiner Konsens sein. Wir beantragen, dies in den Beschluss noch mit aufzunehmen.

Außerdem bitten wir die Verwaltung, sich bereits im laufenden Prozess beim Landkreis um eine Verbesserung und ggf. um eine Neukonzeption der Busverbindungen zu bemühen und ebenfalls auf eine weitere Verbesserung der Taktung der Bahn nach Sinsheim hinzuwirken.

Der laut Verkehrsministerium Baden Württemberg geplante Halbstunden-Takt sollte gleichzeitig gerade auf der gut genutzten Strecke zur Nachbar- Kreisstadt berücksichtigt und vorbereitet werden.

Wenn wir das Ziel verfolgen wollen, durch eine Verkehrswende klimaneutraler zu werden, dann müssen wir jetzt sofort tätig werden. Wenn wir bis zur Fertigstellung der Bahn warten, ist es zu spät.

Sollte in der heutigen Sitzung tatsächlich eine Mehrheit für den Kompromiss stimmen, dann muss das Glücksgefühl und die Erwartungen der Krebsbachtalbahn-Befürworter an dieser Stelle gleich etwas gedämpft werden.

Uns ist diese Entscheidung in der Fraktion sehr schwergefallen, gerade weil wir wissen, dass diese Entscheidung die Stadt (und natürlich jeden Steuerzahler) in Zukunft sehr viel Geld kosten wird. Wenn man als Zuschauer mal einer Gemeinderatssitzung bis zum Ende des öffentlichen Teils beiwohnt, dann wird schnell deutlich, dass Bad Rappenau jede Menge kostspielige Pflichtaufgaben zu erfüllen hat. Einen Vorgeschmack bietet gleich Tagesordnungspunkt 6! Wir haben 9 Teilorte, etliche Schulen, Kindergärten und Feuerwehren, alles Pflichtaufgaben. Zur Wahrheit bei dieser Entscheidung gehört auch, dass selbst die Pflichtaufgaben erst mal finanziert werden müssen und da fallen 3-5 Millionen Euro für eine neue Bahn ganz kräftig ins Gewicht!

Außerdem ist mit gesundem Menschenverstand absehbar, dass die Betriebskosten nur am Anfang vom Land übernommen werden. Zur Wahrheit gehört dann ebenfalls, dass die Betriebskosten für die Bahn und die Wartungskosten für die Bahnunterführung künftige Haushalte (im übrigen nicht nur unseren städtischen Haushalt) erheblich belasten werden. So erhöhen sich künftig nicht nur die Investitionskosten, sondern auch die laufenden Kosten der Stadt. Auch dies muss immer unter dem Gesichtspunkt der Finanzierbarkeit betrachtet werden.

Und wir weisen darauf hin, dass diese Entscheidung erst der Beginn eines langen Prozesses ist, der sich über Jahre hinziehen wird. Ob am Ende beide Projekte umgesetzt werden oder vielleicht keines, ist zum jetzigen Zeitpunkt in Anbetracht der momentanen welt- und wirtschaftspolitischen Entwicklungen völlig offen!